Sie sind hier: Ruhr-Universität Bochum Lehre laden E-Learning Game Based Learning

„Game Based Learning“ und „Gamification“ – spielerisch zum Lernerfolg

Digitale Spiele sind in den letzten Jahren nicht nur im Bereich der Unterhaltungsmedien immer beliebter und populärer geworden. Auch im universitären Kontext birgt die Verwendung spielbasierter Lernelemente große Potenziale. Die inhaltliche Vermittlung Ihres Lernstoffs steht dabei selbstverständlich im Vordergrund. Die Verbindung zwischen Wissensvermittlung und spielerischen Elementen gründet daher gezielt auf didaktischen Überlegungen. Im Fokus liegt hierbei die Unterstützung des anwendungsorientierten Lernprozesses, der im besten Fall die Motivation des Lernenden fördert.
So können Sie typische Spielprinzipien in Ihr Lehrkonzept integrieren, um bspw. traditionelle und tendenziell passive Lernformen abzulösen bzw. aufzulockern.

Thesen

  • Die „gamifizierte“ Lehre verbindet die Vermittlung von Wissen mit Spaß und lohnenden Herausforderungen. Im Idealfall führt das zu einem höheren Maß an Engagement der Studierenden.
  • „Gamification“ bzw. „Game Based Learning“ kann dazu beitragen, Ihre Studierenden neu zu motivieren und zu einer verbesserten Lernerfahrung zu führen.
  • Teilerfolge und sofortiges Feedback können selbstgesteuertes Lernen fördern und dabei helfen, auch komplexe Lernziele zu erreichen.

Definitionen

Game Based Learning“ beschreibt die Wissensvermittlung mithilfe von Lernspielen, wobei an dieser Stelle besonders die digitalen Spiele im Fokus stehen. Konkret geht es um Lerninhalt, die in einer spieltypischen Umgebung aufbereitet werden. Der Begriff des Game Based Learning (kurz GBL) beinhaltet dabei verschiedene didaktische und technische Ansätze, stets ausgerichtet auf die Absicht, Bildung allgemein bzw. fachspezifische Inhalte zu vermitteln. Beispiele für Game Based Learning können u. a. Simulationen, Rollenspiele, Point-and-click-Adventures oder Quizzes sein, die in unterschiedliche Szenarien der universitären Lehre eingesetzt werden können.

Dem artverwandt ist das „Gamification“-Prinzip, bei dem es darum geht, eigentlich spielfremde Umgebungen (bspw. eine Lernplattform wie Moodle) und Prozesse (wie das Lernen selbst) gezielt mit spieltypischen Elementen zu erweitern. Hier wird die Absicht verfolgt, die Synergien aus klassischer Wissensvermittlung und typischen Spielprinzipien für den Lehralltag nutzbar und damit den Lernstoff zugänglicher zu machen. Typische Gamification-Elemente sind bspw. das Sammeln von Punkten, das Erreichen neuer Level und/oder gestaffelter Ziele, Wettbewerb und Kooperation sowie das Erhalten von Auszeichnungen und anderen kleinen Belohnungen in z. B. Moodle-Kursen. Ein gelungenes Gamification-Konzept sollte die Aufmerksamkeit der Lernenden erregen und halten sowie angemessene Herausforderungen bieten.

Beide Konzepte haben zum Ziel, durch die Verbindung von Spaß und Lernen, Herausforderungen und Belohnungen die Motivation der Teilnehmenden zu erhöhen. Die aktive Rolle des Lernenden und kontinuierliches Feedback seitens des Systems können den Lernprozess unterstützen. Die kreativen Gestaltungsmöglichkeiten eines Lernspiels oder eines gamifizierten Seminars/Online-Kurses sind hierbei vielfältig und gehen von einfachen Features (wie etwa das in das RUB-Moodle installierte Level Up!-Plugin) bis hin zu komplexen, programmierintensiven Softwarelösungen.

Im besten Falle können Sie Ihre Studierenden auf diesem Wege für den Lernstoff begeistern und positiv auf das Eigenengagement der Lernenden einwirken. Wie gut und effektiv die Methode der spielerischen Wissensvermittlung bei den Lernenden greift, hängt jedoch letztendlich immer von der einzelnen Person ab. Bei der Entwicklung eines Lehrkonzepts ist es daher wichtig, dass Sie Ihre Zielgruppe stets im Blick behalten. Wie bei einem klassischen Spiel aus dem Unterhaltungssektor auch, müssen die Aufgaben dem Können und dem Wissensstand der Konsumentengruppe angemessen sein bzw. sollten nicht zu einem übermäßigen Scheitern führen – ansonsten folgt Frustration. Geben Sie Ihren Studierenden einen Grund, stolz auf sich selber zu sein; das motiviert und regt den Ehrgeiz an.

Die Tabelle zeigt eine Reihe positiver Effekte und potenzieller Möglichkeiten von Gamification mit Bildungsbezug, die natürlich je nach Konzept variieren können:

Gamification in der Lehre

  • Spaß am Lernen Wer Spaß beim Lernen hat, ist in der Regel motivierter und zeigt ein höheres Maß an Eigenengagement. Die so gesteigerte Aufmerksamkeit führt zu einer effektiveren Aufnahme der aufbereiteten Lerninhalte.
  • Sofortiges Feedback Ein sofortiges Feedback gibt den Lernenden die Möglichkeit, aus den eigenen Handlungen zu lernen. Kleine Teilerfolge, die auf ein übergeordnetes Lernziel hinauslaufen, motivieren die Lernenden dazu, sich Schritt für Schritt zu verbessern.
  • Selbstgesteuertes Lernen Komplexe Lernziele lassen sich in kleinere Lerneinheiten zerlegen. Die Lernenden können diese in ihrem eigenen Tempo erledigen, vielleicht sogar so oft wie sie wollen wiederholen. Telerfolge führen dazu, dass die Motivation nicht abreißt, indem die Lernenden an die eigenen guten Leistungen erinnert werden.
  • Verbesserte Lernerfahrungen Niedrigschwellige und anwendungsorientierte Lernangebote führen zu einer positiven Wahrnehmung des Lernprozesses. Spielerische Elemente können diese interessanter gestalten und dazu animieren, von sich selbst aus am Ball zu bleiben.
  • Gruppendynamiken Spielerische Ansätze bieten sowohl die Möglichkeit, Lernende einander in Konkurrenz treten zu lassen, als auch zur Zusammenarbeit anzuregen. Der Vergleich mit anderen weckt den eigenen Ehrgeiz. Indem ein Lernziel kooperativ angegangen wird, werden soziale Kompetenzen erweitert.
  • Anpassbarkeit Vom einfachen Vokabel- oder Fachwort-Memory bis hin zum komplexen Planspiel - Gamification ist an viele Themen und Formate anpassbar. Dabei gilt es, für jede Zielgruppe die passende spielerische Ergänzung zum Lernstoff zu finden.
Tabelle: eScouts GBL / Ruhr-Universität Bochum, CC BY 4.0

Ein besonders gutes Praxisbeispiel ist das Lernspiel Bugtopia des Studiports. Es handelt sich um ein Point-and-Click-Adventure, gemixt mit in den Handlungen eingewobenen Lernaufgaben zu Themen aus dem Online-Kurs „Sprach- und Textverständnis“. 

Einsatzmöglichkeiten

Warum „Game Based Learning“?

Ein Spiel bietet zudem die Möglichkeit, bereits erworbenes Wissen praxisnah und eigenverantwortlich anzuwenden. Dieses Prinzip wird bereits seit Langem in der Wirtschaftswissenschaft in Form von Planspielen umgesetzt. Auch in der Medizin werden bereits spielerische Computersimulationen (z. B. in Form einer virtuellen Patientenberatung mittels der Plattform „USC Standard Patient“) eingesetzt, um Studierende auf den Praxisalltag vorzubereiten.

 

Warum „Gamification“?

Die Synergien bei der Verschmelzung von klassischer Wissensvermittlung und spielerischen Elementen sollen einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zum Lernstoff fördern und die Studierenden dazu anregen, sich kontinuierlich und intrinsisch mit dem Lernstoff zu beschäftigen. Der positive und ebenso nachhaltige Nutzen erschließt sich vor allem aus der angeregten Lernmotivation sowie der geförderten Produktivität der Studierenden.

Der Einsatz von Gamification lässt Sie in Ihrem Lehrkonzept neue Wege gehen – ohne das Rad völlig neu zu erfinden. Beispielsweise lässt sich bereits bestehendes Material gut in einen spielerischen Rahmen fassen. Dies ermöglicht den Studierenden zudem einen erweiterten („persönlicheren“) Bezug zum Lernstoff („Mein Spiel!“) und damit eine neue, abwechslungsreiche Lernerfahrung.

Umsetzung

Spielerische Lehrkonzepte präsentieren sich als sehr vielfältig. Von einem einfachen Level-System in Moodle bis hin zu komplexen, grafischen Rollenspielen ist vieles möglich. Je nach Konzept ist der Entwicklungsaufwand unterschiedlich einzuschätzen.

Die Wahl zwischen Game Based Learning und Gamification ist sowohl eine Frage des Lehrkonzepts („Welches Format passt besser zu dem, was ich vorhabe?“) als auch der Ressourcen, die Sie für die „Gamifizierung“ Ihrer Lehre aufbringen möchten. Dabei können Projekte mit geringerem Umfang je nach Konzept einen ebenso großen Nutzen bringen wie große, aufwendigere Vorhaben. Ihre Studierenden zwischendurch mit kleinen Belohnungen und konstantem Feedback zum Lernen zu motivieren, kann für das Erreichen eines Lernziels genauso sinnvoll sein wie ein komplexes, aufwendig programmiertes Lernspiel.

Das folgende Video gibt Ihnen einen knappen Einblick in erste didaktische Überlegungen bezüglich der Gamifizierung Ihrer Lehre.

Beispiel 1: Gamification auf der Lernplattform Moodle

Mittlerweile haben sich diverse Spielumgebungen und -anwendungen für den Lehrbereich etabliert und es kommen gewiss immer wieder neue dazu. So bietet auch Moodle verschiedene Tools an, die einen niederschwelligen Einstieg in das Thema Gamification ermöglichen.

Hierzu gehören Plugins wie „LevelUp!“ und „Stash“, der Fortschrittsbalken sowie ein Badge-System (Abzeichen), mit denen vor allem der Lernfortschritt der Studierenden visuell sichtbar gemacht und mit „Rewards“ (kleine Belohnungen) honoriert werden kann. Die Tools in Moodle sind einfach zu bedienen – sie erfordern bspw. keinerlei Programmierkenntnisse – und sind gut an die eigenen Ansprüche des jeweiligen Kurskonzepts anpassbar.

Ein zusätzlicher narrativer Rahmen kann die Lehrinhalte zugänglicher gestalten und baut eine motivierende Spannung sowie einen persönlicheren Bezug auf. So wird bspw. die Aufgabe, eine Vielzahl geschichtlicher Texte zu durchforsten, dann interessanter, wenn die Lernenden die Rolle von Schatzsuchenden einnehmen und am Ende nicht nur das Lernziel, sondern auch noch eine andere, kreative Belohnung wartet – ein Schatz, natürlich. Die kleinen, aneinandergereihten Aufgaben (sog. Quests) unterteilen dabei den Lernstoff und liefern bei Bestehen kleine Erfolgserlebnisse. Passend dazu ist es in Moodle möglich, die Freigabe neuer Materialien an das Bestehen dieser Aufgaben zu knüpfen: Ihre Schatzsucher/innen müssen sich neue Abschnitte in Moodle nach und nach erarbeiten, um am Ende ans Ziel zu kommen.

Beispiel 2: Game Based Learning mit dem RPG Maker

Der RPG Maker ist ein Programm, das der Erstellung von einfachen Computer-Rollenspielen dient. Die Software beinhaltet einen auf Tilesets (Sets mit kleinen grafischen Bausteine, aus denen die Spielwelt wie ein Mosaik zusammengesetzt wird) basierenden Editor zur Erstellung von Räumen und Landschaften. Bevölkert wird diese Spielwelt von kleinen, grafisch vorgefertigten Figuren, mit denen das Alter Ego des Spielers/der Spielerin später agieren kann. Konkrete Handlungen und Dialoge (inklusive der gestellten Aufgaben) werden schriftlich bzw. grafisch dargestellt.

Geht es an die Konzeption der Story, so ergibt sich dann ein stimmiges Gesamtbild, wenn die Aufgaben als Teil des Ganzes wahrgenommen werden. Ein einfaches Beispiel: Wenn innerhalb eines Spiels über das alte Rom die Aufgabe gestellt wird, einen lateinischen Text zu übersetzen, dann sollte dessen Bedeutung für das Vorankommen in der Story eine Bedeutung haben (eine kontextlose Aufgabe würde die Spielenden aus ihrer Immersion, also dem Eintauchen in eine virtuelle Umgebung, reißen).

Programmierkenntnisse sind bei dieser Software nicht nötig. Mit einem Paket vorgefertigter Grafiken, Musikstücke sowie weiterer Inhalte und der Möglichkeit zur Erweiterung durch eigene Inhalte lassen sich für Windows, MacOS, Android und iOS Spiele erstellen.

Das folgende Video gibt einen kleinen Einblick in die Arbeit mit dem Programm RPG Maker:

Weiter lesen? Auch bei eteaching.org finden Sie zu diesem Thema ausführliche Informationen.

Autor*in

  • eLearning (RUBeL), Zentrum für Wissenschaftsdidaktik, Ruhr-Universität Bochum, rubel@rub.de