Fragen in der Lehre

Thesen

In diesem Beitrag stehen Sie als Lehrende*r im Mittelpunkt. Sie erhalten Tipps rund um die gute Formulierung von Fragen - für einzelne Situationen in der Lehre, für die Planung ganzer Lehrveranstaltungs-Sitzungen und für die Gestaltung kompetenzorientierter Prüfungen. Abschließend geben wir Ihnen einen Überblick über Methoden, die sich für den zielgerichteten Einsatz von Fragen in der Lehre besonders gut eignen.

  • Es gibt gute Alternativen zum klassischen „Hat noch jemand eine Frage?“, auf das meist betretenes Schweigen folgt.
  • Fragen können unterschiedliche Funktionen erfüllen - von der Wissensabfrage über Gesprächsführung bis zum Anregen von Denkprozessen.
  • Von der Formulierung der Fragen, insbesondere der Nutzung von Verben, hängt der Grad der Kompetenzorientierung ab.
  • Auch wenn Lehre nicht nach einem „Redeskript“ gestaltet werden kann, können Sie sich im Vorhinein Fragen für bestimmte Schlüsselsituationen überlegen.
  • Wenn auf eine gestellte Frage nicht ad hoc eine Antwort gegeben wird, kann das Schweigen unterschiedliche Bedeutungen haben.

Kommunikationstheoretische Grundlagen

Fragen haben eine wichtige Bedeutung für die Qualität der Kommunikation in Lehr-Lernkontexten. Die Person, die die Fragen stellt gibt die Richtung an, in welche die Kommunikation gehen soll und übernimmt die Führung im Kommunikationsprozess. Wie und zu welchem Zweck Fragen gestellt werden, macht die Qualität der Kommunikation sowie das Lehr- Lernverständnis der Lehrperson deutlich: „Die Art und Weise der Kommunikation im Lehr- und Lerngeschehen gibt zugleich Aufschluss über das Lehr- und Lernverständnis von Lehrenden.“ (Harth 2015, S. 21). Durch Fragen setzt die Lehrperson einen bestimmten Fokus auf ein Thema und kann es vertiefen oder neue Aspekte aufwerfen. Des Weiteren kann die Lehrperson mit Hilfe von Fragen aber auch die Komplexität eines großen Ganzen reduzieren, weil z.B. nur ein Teilaspekt beleuchtet wird, oder die Komplexität erweitern, indem neue Aspekte durch Fragen eingeführt werden. Mit Fragen kann die Perspektive verändert oder die Kommunikation auf eine Metaebene geführt werden. (vgl. Straß 2007, S. 36) Beim Fragenstellen sollten Lehrende u.a. passende Fragetechniken beachten.

Die folgenden Tipps geben Ihnen Anregungen für die Formulierung von Fragen und für die Steigerung der Qualität der Kommunikation im Lehr-Lernkontext:

  • Gehen Sie auf viele Impulse und Gedanken Ihrer Studierenden ein.
  • Seien Sie in Ihrer Kommunikation effizient, flexibel und sprachlich gewandt. Das bedeutet, dass Sie auf die (möglicherweise emotional geprägten) Aktionen und Reaktionen Ihrer Studierenden eingehen und ihr Verhalten antizipieren.
  • Bringen Sie persönliche Bezüge ein und nutzen Sie Ihre Spontanität.
  • Seien Sie gegenüber Ihren Studierenden offen und neugierig.
  • Stellen Sie Fragen, bei denen die Studierenden an ihr Vorwissen anknüpfen können.
  • Stellen Sie öffnende Fragen und lassen Sie Ihre Studierenden die Antwort begründen.
  • Lassen Sie die Studierenden bei Ihren Antworten Zusammenhänge und Ereignisse neben Fachtermini auch in eigenen Worten beschreiben.
  • Formulieren Sie Ihre Fragen vollständig aus, sodass die Richtung klar wird.
  • Lassen Sie den Studierenden in der Fragesequenz genügend Zeit zu antworten.
  • Achten Sie darauf, dass sich die gesamte Gruppe der Studierenden angesprochen fühlt und am Kommunikationsprozess teilnimmt, damit nicht nur mit einigen wenigen Studierenden ein Lehrgespräch stattfindet.
  • Sorgen Sie dafür, dass eine Interaktion unter den Studierenden entsteht, damit fördern Sie die Eigenverantwortung der einzelnen und passive Studierende werden ebenfalls aktiviert. (Dubs 1995, S. 29 ff.)

Funktionen und Potentiale von Fragen

Wenn Lehrende im Lehr- und Lerngeschehen Fragen stellen, dann erfüllen diese unterschiedliche Funktionen. Mit Fragen werden Lerninhalte organisiert, aber sie stellen auch den Rahmen für das Denken und Handeln der Lernenden dar; sie lassen sich also nach dem Zweck oder dem kognitiven Anspruchsniveau unterteilen (vgl. Dubs 1995, Franck 2017).

Hier lassen sich acht Funktionen von Fragen unterscheiden:

  • Fakten und Infos in Erinnerung rufen
  • Diagnose und Kontrolle
  • Lernen lenken / strukturieren
  • Gesprächsführung
  • Aufmerksamkeit / Interesse herbeiführen
  • Denkprozesse anregen
  • Vorkenntnisse der Lernenden erkunden
  • affektives Ausdrücken

(Harth 2015, S. 33)

Als Lehrende*r können Sie Ihre bestehenden Fragen für eine Lehrveranstaltungs-Sitzung dahingehend überprüfen, welche Funktion die Frage in der vorgesehenen Lehr-Sequenz erfüllen soll. Eine Frage kann auch mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllen, da diese nicht trennscharf sind.


Dazu einige Beispiele mit Formulierungshilfen:

  • Fragen zur Zielsetzung: Was ist das Problem? Warum beschäftigen wir uns damit?

(Funktionen: Aufmerksamkeit / Interesse herbeiführen; affektives Ausdrücken)

  • Fragen zum kognitiven Prozess: Wie kann das Problem (schrittweise) erklärt werden?

(Funktionen: Lernen lenken / strukturieren; Denkprozesse anregen)

  • Fragen zur Aktivierung von Vorwissen: In welchem Zusammenhang steht dieses Problem oder der Sachverhalt zu dem, was die Woche davor erarbeitet/erlernt wurde?

(Funktionen: Fakten und Infos in Erinnerung rufen; Vorkenntnisse der Lernenden erkunden; Diagnose und Kontrolle)

  • Fragen zur Fokussierung auf einen bestimmten Aspekt/Teil: Bei genauer Analyse dieses Problems/Sachverhalts stellen wir fest, dass… Was sind die Folgen?

(Funktionen: Lernen lenken / strukturieren; Denkprozesse anregen; Gesprächsführung)

  • Fragen zur Klärung des Verständnisses der Lernenden: Ist der Zusammenhang klar? Sollen wir das Problem mit einer anderen Vorgehensweise/ aus einer anderen Perspektive analysieren?

(Funktionen: Diagnose und Kontrolle; Lernen lenken / strukturieren)

(Dubs 1995, S. 97)

 

Kriterien guter Fragen:

  • Die Frage ist klar und eindeutig formuliert.
  • Die Frage ist kurz und zielstrebig formuliert.
  • Die Frage enthält keine suggestiven Formulierungen.
  • Die Frage ist auf das Niveau der Lerngruppe angepasst.
  • Die Frage verbindet Neues mit Bekanntem / früher Gelerntem.
    (Harth 2015, S. 34)

Wenn Sie sich die Kriterien für die Formulierung von Fragen immer wieder vor Augen führen, können Sie nicht nur neue Fragen für die Lehre erstellen, sondern auch bereits bestehende Fragen dahingehend überprüfen. Wichtig für eine gute Fragetechnik ist zudem, sich über das Lernziel klar zu werden. Denn dann können Sie auch gute Fragen für Prüfungen entwickeln. Im Kapitel „Fragen auf Lernzielstufen“ erfahren Sie mehr dazu.

Potentiale von Fragen

Fragen können inhaltlich auf unterschiedlichen Komplexitätsstufen liegen. Arn (2017) differenziert zwischen Kontrollfragen, Klärungsfragen und Kreierenden Fragen (ebd., S. 156). In der Reihenfolge dieser Nennung steigt das Potential, das eine Frage innehat, um Neues hervorzubringen.

  • Kontrollfragen, die schlicht mit richtig oder falsch beantwortet werden können, dienen der reinen Wiederholung, ohne neue Ideen anzustoßen.
  • Klärungsfragen sorgen für Ordnung der Gedanken. Dabei können auch neue Gedanken aufkommen. Klärungsfragen sind Fragen, bei denen die Vorstellungen und Ideen der Gefragten im Mittelpunkt stehen. So zum Beispiel bei der Frage: „Was hättest Du für eine Idee, wie man Fragen klassifizieren kann?“
  • Kreierende Fragen haben die höchste Generativität, also das Potential, etwas Neues zu schaffen. Eine beispielhafte kreierende Frage lautet: „Was können wir als nächstes tun, um …?“

Kurz: Mit Kontrollfragen werden Richtigkeiten abgefragt, mit Klärungsfragen werden Gedanken sortiert, mit kreierenden Fragen werden neue Gedanken angeregt.

Als Faustregel gilt:
„Dinge, die man hören will, schlicht und ergreifend nicht fragen, sondern selbst sagen. Dann hört man sie ja auch.“ (Arn, 2017, S. 159)

Fragen für Schlüsselsituationen

In der Lehre gibt es sogenannte „Schlüsselsituationen" wie den Beginn und den Abschluss einer Sitzung. Zu Beginn einer Sitzung steht die Orientierung im Fokus: „Alle am Lehr- und Lern-Prozess Beteiligten brauchen Orientierung hinsichtlich der sozialen, inhaltlichen und strukturellen Gegebenheiten sowie bezüglich der Anforderungen und Zielsetzungen.“ (Hellermann/Müller 2016, S. 45) Für diese Schlüsselsituation ist es sinnvoll, sich der genauen Auswahl einer geeigneten Frage zu widmen.

So können Sie als Lehrende*r eine Lehrveranstaltungssitzung mit der Nennung eines Themas (z.B. „Gewaltenteilung in Deutschland") eröffnen, oder Sie stellen eine Frage (z.B. „In welchem Verhältnis stehen Exekutive, Legislative und Judikative zueinander?"). Diese Frage ist dann die Leitfrage für die ganze Sitzung, so dass sich der Verlauf des Seminars oder der Vorlesung an der Beantwortung dieser Frage orientiert. Diese Leitfrage bekommt dadurch den Charakter eines ‚roten Fadens‘, der sich auch durch kleinere Arbeitsaufträge innerhalb der Sitzung ziehen kann.

Den Abschluss der Sitzung, ebenfalls eine Schlüsselsituation in der Lehre, können Sie mit einer Methode gestalten, in der ebenfalls Fragen relevant sind. Die „2-Minuten-Frage“ dient als Lernzielüberprüfung und als Feedbackinstrument. Fordern Sie die Studierenden auf, auf der Vorderseite eines Blattes aufzuschreiben, was sie in der Sitzung verstanden haben. Die Rückseite dagegen dient für eine Notiz, was die Studierenden weniger gut verstanden haben und noch genauer erklärt bekommen möchten. Auf diese Weise erhalten Sie einen Einblick in den Lernstand der Studierenden und können die nächste Sitzung mit einer gezielten Wiederholung beginnen. (Hellermann/Müller 2016, S. 48)

Mehr Methoden finden Sie hier.

Fragen auf Lernziel-Stufen

Die Lernzieltaxonomie nach Anderson und Krathwohl ist auch für die Erstellung guter Fragen hilfreich - für die Lehre, vor allem aber für Prüfungen. Mehr zu Lernzielen finden Sie hier.  Die Taxonomie ist eine gute Gliederungshilfe, um einfache und anspruchsvolle Fragen voneinander zu unterscheiden. Die Fragen auf der Ebene von Wissen und Verstehen werden den einfachen Fragen zugeordnet, wohingegen die Fragen zur Anwendung, Analyse, Synthese und Beurteilung als anspruchsvoll gelten. Dies schließt jedoch nicht aus, dass in manchen Fällen „das Verstehen eines komplizierten Sachverhalts kognitiv anspruchsvoller ist als die Bewertung einer fachlichen Problemstellung“ (Dubs 1995, S. 97).

Natürlich müssen Sie nicht jede Frage, die Sie während einer Lehrveranstaltungssitzung stellen, genauestens nach ihrem Lernziel reflektieren. Wichtig ist, dass Sie als Lehrende/r eine gute Mischung aus einfachen und anspruchsvollen Fragen in Ihrem Repertoire haben. In der Interaktion mit Studierenden können Sie selbstverständlich auch spontan Fragen stellen.

Bei der Erstellung von Prüfungsfragen ist die Reflektion der Fragen hinsichtlich ihrer Taxonomie-Stufe jedoch unerlässlich, um eine kompetenzorientierte Prüfung zu konzipieren, die dem Konzept des Constructive Alignments folgt.

Wenn Sie bei den Studierenden Wissen prüfen möchten (Lernziel-Stufe 1), dann benötigen Sie Fragen zu Fakten, Daten, Namen, Ereignissen, Regeln, Gesetzmäßigkeiten, Symbolen, etc. Beispielhafte Verben für die Formulierung von Fragen lauten: aufzählen, benennen, beschreiben, reproduzieren, wiederholen.

Bei Lernziel-Stufe 2, dem Verstehen, müssen Sie als Lehrende/r Fragen stellen, anhand derer die Studierenden Sachverhalte in eigenen Worten erklären oder zusammenfassen, für die sie Beispiele anführen oder das erlernte Wissen umsetzen, indem sie z.B. Symbole, Skizzen oder Statistiken notieren. Hilfreiche Verben für die Formulierung passender Fragen sind unter anderem: erklären, demonstrieren, skizzieren, veranschaulichen.

Studierende können Erlerntes auch anwenden, was der Lernziel-Stufe 3 entspricht. Auf dieser Stufe sind Fragen selten vertreten, da es sich um andere Formulierungen von Arbeitsaufträgen handelt. Beispielhafte Verben lauten: aufzeigen, anwenden, definieren, klassifizieren, untersuchen, vervollständigen.

Bei der Analyse, d.h. Lernziel-Stufe 4, sind Fragen wieder relevant. Hier benötigen Sie als Lehrende/r Fragen, um Sachverhalte gliedern zu lassen, Kriterien zu ermitteln, Fakten von Meinungen zu unterscheiden, Fehler festzustellen, Folgerungen anzuleiten, Widersprüche aufzudecken, etc. Passende Verben für die Formulierung der Fragen sind z.B.: kontrastieren, untersuchen, unterscheiden, vergleichen.

Lernziel-Stufe 5, die Synthese, erfordert Fragen, die Studierende dazu auffordern, divergente Lösungswege oder Ideen vorzuschlagen, Pläne zu entwerfen, Hypothesen aufzustellen, Verallgemeinerungen zu formulieren, etc. Hier können Sie als Lehrende/r z.B. mit Verben wie begründen, bewerten, beurteilen, kritisieren, einschätzen, auswerten arbeiten, um Fragen zu erstellen.

Auf der höchsten Lernziel-Stufe schließlich geht es um die Bewertung. Wenn Sie eine dazu passende Frage formulieren möchten, muss diese geeignet sein, um einen Sachverhalt zu beurteilen, Alternativen abzuwägen und/oder Entschlüsse zu fassen, etc. Hilfreiche Verben für die Erstellung passender Fragen lauten u.a.: entwerfen, gestalten, planen, generieren, ausdenken.

Eine größere Auswahl an beispielhaften Verben finden Sie in dieser Übersicht.

Checkliste für gute Fragen und für eine Frage-Kultur

An dieser Stelle bieten wir Ihnen eine Checkliste mit Denkanstößen an, die Sie darin unterstützen, in der Vorbereitung auf Ihre Lehrveranstaltung gute Fragen für zentrale Arbeitsschritte zu formulieren. Selbstverständlich lässt sich das Lehrgespräch, also die Interaktion mit den Studierenden, nicht durchgehend nach „Redeskript“ gestalten. Es ist jedoch ratsam, im Vorfeld Fragen für zentrale Arbeitsschritte zu formulieren. So können Sie die Studierenden an sogenannten „Schlüsselsituationen“ innerhalb der Lehrveranstaltung zur Mitarbeit aktivieren. Zu diesen zählen beispielsweise der Beginn, das Stellen einer Aufgabe oder die Überprüfung der Lernergebnisse.

Checkliste: Fragen für die Lehrveranstaltung formulieren & eine Frage-Kultur schaffen

1. Analysieren Sie Ihre Fragen:

  • Achten Sie auf das Anspruchsniveau Ihrer Frage: Auf welchem Niveau erwarten Sie eine Antwort?
  • Überlegen Sie, welche Annahmen Ihre Frage transportiert (z.B. Übung besucht, Skript gelesen)
  • Stellen Sie zur Berücksichtigung der Heterogenität Ihrer Lerngruppe Fragen zu einem Sachverhalt auf unterschiedlichen Anforderungsniveaus. Hier bietet sich die Methode „Challenge by Choice“ an.

2. „Vorbildlich!“ - Orientieren Sie sich an diesen Maßgaben:

  • Meine Fragen sind kekk – kurz, einfach, klar, knackig.
  • Meine Fragen verbinden Neues mit Bekanntem und mit früher Gelerntem.
  • Meine Studierenden haben Gelegenheit und Anreize zu fragen.
  1. Geben Sie den Studierenden genügend Zeit zum Antworten.
  • Geben Sie den Studierenden je nach Frage und Anspruchsniveau zwischen fünf und zehn Sekunden Zeit. In diesen Sekunden spielt sich einiges ab: Frage verstehen - über die Frage nachdenken - Antwort formulieren
  • Zur inneren Entlastung eine Botschaft vorab: Schnelle Antworten, wie aus der Pistole geschossen, sind manchmal ein Zeichen dafür, dass die Frage nur alte Sichtweisen aktiviert hat und noch nicht neue Ansätze und Assoziationen ausgelöst hat. Nutzen Sie deshalb die Zeit des Schweigens. Weisen Sie die Studierenden beispielsweise darauf hin, dass sie sich Notizen zur Frage machen können, bevor sie mündlich antworten.

3. Fragen Sie gekonnt nach Fragen der Studierenden.

  • Stellen Sie nach Abschluss einer Lehreinheit eine öffnende Frage, bevor Sie mit dem nächsten Arbeitsschritt fortsetzen.
  • Die geläufige Frage „Haben Sie dazu noch Fragen?“ ist eine rein rhetorische Frage. Sie ist so global, dass dem Gegenüber - hier: den Studierenden - vielfach das „Packend“ fehlt, um auf diese Art der Frage zu reagieren. Vielleicht haben Sie auch schon die Erfahrung gemacht, dass es selten eine Reaktion auf diese Frage gibt. Bieten Sie in Ihrer Fragestellung konkrete inhaltliche Bezüge an. Beispiel: „Wir haben über den Einsatz von Simulationspaten zur Entwicklung der Beratungskompetenz gesprochen. Welche Chancen verbinden Sie mit dem Einsatz der Paten? Was gilt es bei deren Einsatz zu beachten?“.
  • Zur Überprüfung des Lernerfolgs bietet sich eine Skalierung  an.
  • Bauen Sie einen „Zwischenschritt“ ein: Häufig erwarten wir auf eine Frage eine direkte, schnelle Antwort - im Sinne von: Mündlich gefragt, mündlich geantwortet. Bitten Sie die Studierenden, ihre Gedanken zur gestellten Frage stichwortartig zu notieren, bevor sie mögliche Antworten im Plenum einbringen. Alternativ können Sie die Studierenden auch bitten, sich zunächst mit den Sitznachbar*innen zur Frage auszutauschen: „Sie haben eine Minute für den Austausch mit der Person, die neben Ihnen sitzt. Danach bitte ich um Ihre Antwort im Plenum.“

Öffnende Fragen

Wodurch sind öffnende Fragen gekennzeichnet? Diese Frage ist bereits ein Beispiel für eine öffnende Frage: Diese werden in der Regel mit W-Wörtern eingeleitet und geben keine Antwortmöglichkeiten vor - anders als Fragen, die mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können. (In der Literatur werden diese Fragen auch oft als „offene Fragen“ oder „W-Fragen“ betitelt. Wir haben uns gemäß Straß 2007 für den Begriff „öffnende Fragen“ entschieden, der mit dem Begriff betont, dass diese Fragen viele Perspektiven und Gedanken eröffnen.) Im hier betrachteten Kontext einer Lehrveranstaltung erhalten Studierende die Gelegenheit, eigene Beschreibungen, Ideen und Erklärungen als Antwort auf eine öffnende Frage einzubringen. Öffnende Fragen nehmen meist Tempo und Druck aus dem Gesprächsverlauf. Es bedarf vielfach einer Überlegungszeit, um auf eine solche Frage fundiert antworten zu können, denn Interpretationen, Stellungnahmen und Assoziationen sind gefragt. „Mit öffnenden Fragen kann eine Art Zeitlupe geschaffen werden, die es ermöglicht, mehr wahrzunehmen und mehr für die Entwicklung von Lösungen zu nutzen“ (Straß 2007, S. 89).

  • Ein erster Tipp: In der Lehre können Sie öffnende Fragen auch nutzen, um das Verständnis von Theorien auf einem höheren Lernziel-Niveau abzufragen. Nehmen Sie ein praktisches Beispiel, und fragen Sie Ihre Studierenden: „Wie stellt sich die Situation aus Perspektive der Theorie A dar?“
  • Ein zweiter Tipp: Stellen Sie sich vor, dass Sie in Ihrer Lehrveranstaltung bereits eine öffnende Frage gestellt haben, auf die Studierende ihre Antworten gegeben haben - z.B. zur Theorie A. Haken Sie doch mal an einer Stelle, an der Sie üblicherweise zum nächsten Schritt übergehen würden, nochmal nach mit „Was noch?“. Diese kurze Frage lädt zu einem „Thinking out oft the box“ ein. Erste Gedanken oder Begründungen wurden zwar bereits genannt - doch was gibt es darüber hinaus? Laden Sie die Studierenden zum Querdenken und zum Hinterfragen der eigenen Sichtweise auf ein Thema ein.

Was sagen Studierende?

"Für realistisch halt ich, dass man generell versucht, auf ein paar Folien zu verzichten zum Thema XY und stattdessen das Ganze durch offene Fragen ergänzt, sodass man sich darüber erstmal Gedanken machen kann, also z.B. Modelle zu vergleichen, Gemeinsamkeiten zu finden, Unterschiede, Widersprüche, was auch immer. Das findet teilweise in den Vorlesungen statt, nur dass das dann wieder auf Folien präsentiert wird: Guck mal, diese Theorie widerspricht sich hiermit, wir haben einen Konflikt. Lasst doch die Studierenden selbst darauf kommen." (2. Mastersemester Psychologie)

Umgang mit Schweigen

Sie haben eine (öffnende) Frage gestellt und ein Moment des Schweigens entsteht? Oftmals löst diese Stille ein Unbehagen aus. Aus Sicht der Lehrperson kann das Bedürfnis aufkommen, schnell durch eine Umformulierung der Frage auf das Schweigen zu reagieren oder Beispiele zu nennen, wie mit dieser Frage umgegangen werden kann. Über die erste Assoziation hinaus, dass das Schweigen ein Zeichen dafür sein könnte, dass die Frage „nicht angekommen“ ist, kann Schweigen jedoch für viele weitere, positiv besetzte Wirkungen stehen:

Betrachten Sie Schweigen auch einmal als Suchprozess...

… nach neuen Bedeutungen … nach Erklärungen … nach Verhaltensmöglichkeiten … nach Bewertungen

An dieser Stelle ist also eine Sensibilisierung für unterschiedliche Bedeutungen des Schweigens wichtig. Sie haben u.a. diese Möglichkeiten, um mit dem Schweigen umzugehen:

  • Kommunizieren Sie, dass die Studierenden eine festgelegte Zeit haben, um über die Frage nachzudenken. So wird die stille Phase als Arbeitsphase definiert und nicht zwingend als unangenehm empfunden.
  • Wenn Sie unsicher sind, was das Schweigen bedeutet, sprechen Sie es an: „Helfen Sie mir: Was bedeutet Ihr Schweigen?“

Was sagen Studierende?

"Ab und an werden in den Vorlesungen Wissensfragen gestellt oder generell Fragen zwischendurch. Meistens sind die Antworten aber so banal, dass sich keiner meldet oder so schwer, dass sich auch keiner meldet." (2. Mastersemester Psychologie)

Methoden für die Lehre

Challenge by Choice

Kurzbeschreibung: Die Studierenden beantworten eine Frage oder bearbeiten eine Aufgabe ihrer Wahl. Die Fragen bzw. Aufgaben haben drei unterschiedliche Schwierigkeitsstufen und somit einen steigenden Herausforderungsgrad.

Ziel: Die Studierenden bestimmen, welche Frage sie beantworten bzw. welche Aufgabe sie lösen und werden dabei unterschiedlich herausgefordert.

Material: Fragen in drei unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen, die zur Wahl gestellt werden sowie entsprechende Musterlösungen.

Dauer: Legen Sie einen einheitlichen Zeitumfang fest. Egal für welchen Schwierigkeitsgrad sich die Studierenden entscheiden, sollen sie gleich viel Zeit für die Lösung haben.

Gruppengröße: für Gruppen in Seminaren und Vorlesungen geeignet.

 

Sicherheitscheck / Skalierung

Kurzbeschreibung: Die Studierenden nehmen sich einen Notizzettel und zeichnen eine Skala von 0 (unsicher) bis 10 (sehr sicher) ein oder Sie bringen ein Arbeitsblatt mit einer vorbereiten Skala mit. Dazu beantworten die Studierenden folgende Fragen: 1. Wie sicher fühle ich mich im Thema XY? Warum? Und 2. Was brauche ich, um im Thema XY weiter Richtung 10 zu kommen?

Ziel: Die Studierenden werden sich darüber klar, wie sicher sie ein Thema beherrschen bzw. was sie dafür tun müssen oder benötigen, um die Sicherheit im Thema zu erhöhen.

Material: Vorbereitete Arbeitsblätter mit Fragen und Skala oder jede*r Studierende zeichnet diese Skala selbst auf einem eigenen Notizblatt auf.

Dauer: 10 Minuten

Gruppengröße: für Gruppen in Seminaren und Vorlesungen geeignet

 

Zwischenbilanz

Kurzbeschreibung: Die Studierenden setzen sich mit ihrem links oder rechts sitzenden Nachbarn zusammen und beantworten im Partnerinterview folgende Fragen: Was haben Sie in der letzten Sitzung gelernt? Was machen Sie jetzt damit?

Ziel: Die Studierenden frischen mit der ersten Frage ihr Wissen auf und stoßen mit der zweiten Frage den Praxistransfer an.

Material: Moderationskarten oder Notizzettel, Stifte

Dauer: 10 Minuten

Gruppengröße: für Gruppen in Seminaren und Vorlesungen geeignet

 

Blitzberatung

Kurzbeschreibung: Studierende beantworten in Gruppen 3 - 5 noch unbeantwortete Fragen. Diese werden auf Flipchartpapier notiert, im Raum verteilt angeklebt, damit die Ideen und Antworten (nahe liegend oder erfinderisch) darunter notiert werden können.

Ziel: Die Studierenden setzen sich mit zentralen Schlüsselfragen auseinander und entwickeln gemeinsam eigene Lösungen.

Material: Flipchartpapier, Klebeband, Stifte

Dauer: Beantwortung der Fragen 7 Minuten, Vorstellen der Ideen bis 10 Minuten.

Gruppengröße: bis zu 30 Studierende

 

Wanderfrage

Kurzbeschreibung: Jede*r Student*in zieht eine Karte mit einer Frage zum Lernstoff. Mit dieser Frage geht er*sie auf eine*n andere*n Student*in zu. Die eigene Frage wird jeweils vom Gegenüber beantwortet und umgekehrt. Wenn alle die Frage des Gegenübers beantwortet haben, werden die Fragen untereinander getauscht und es wird eine neue Person gesucht. Somit wandern die Fragen durch die ganze Gruppe.

Ziel: Die Studierenden frischen das Gelernte auf und geben es wieder.

Material: Mit Fragen versehene Karten.

Dauer: 10 Minuten

Gruppengröße: bis zu 30 Studierende

 

Faktenparade
Kurzbeschreibung: Jede*r Studierende erstellt auf einer Folie eine Zusammenfassung von Kerninformationen zu einem Thema seiner Wahl und präsentiert diese. Danach folgt eine kurze Diskussionsrunde im Plenum (auch zu zweit oder dritt möglich).

Ziel: Intensive Beschäftigung mit einem wichtigen Teilthema, Wiederholung des Lernstoffs

Material: Vorformulierte Aufgabenstellung/Fragen, PC & Beamer oder Flipchartpapier und Stifte

Dauer: 30 Min. Stillarbeit, danach max. 10 Min. Präsentation inkl. Diskussion

Gruppengröße: 15 -30

 

Schätzfragen

Kurzbeschreibung: Die Studierenden antworten auf eine oder mehrere Schätzfragen und begründen ihre Antworten.

Ziel: Die Aufmerksamkeit der Studierenden wird auf ein Thema gelenkt und dadurch das Interesse gesteigert.

Material: keine, je nach Umsetzungsvariante Karten, Stifte, Klebepunkte, Flipchart

Dauer: 3 bis 10 Minuten

Gruppengröße: für Gruppen in Seminaren und Vorlesungen geeignet – je größer die Gruppe, deto besser eignet sich ein Votum per Handzeichen mit vorgegebenen Antwortoptionen

 

Think-Pair-Share

Kurzbeschreibung: Die Studierenden bekommen eine Frage/Aufgabe gestellt. Zuerst denken Sie über die mögliche Antwort und den Lösungsweg nach. Danach tauschen sie sich mit Sitznachbar*innen aus. Am Ende werden die Antworten und Ergebnisse im Plenum besprochen.

Ziel: Die Studierenden frischen ihr erworbenes Wissen auf, wenden es aktiv an und kommunizieren die Ergebnisse im Plenum.

Material: keins

Dauer: 5- 10 Minuten

Gruppengröße: für Gruppen in Seminaren und Vorlesungen geeignet

 

Fazitkarte

Kurzbeschreibung: Die Studierenden notieren am Ende der Veranstaltung ihr Fazit aus der Seminarstunde und stellen dies ggf.  vor.

Ziel: Die Studierenden erfassen ihren eigenen Lernstand.

Material: Notizblätter oder Karten und Stifte

Dauer: 5 Minuten

Gruppengröße:  für Gruppen in Seminaren und Vorlesungen geeignet

Literaturhinweise

Arn, Christof (2017): Agile Hochschuldidaktik. 2. Überarbeitete Auflage. Beltz: Juventa.

Dubs, Rolf (1995): Lehrerverhalten. Ein Beitrag zur Interaktion von Lehrenden und Lernenden im Unterricht. Zürich: Verlag des Schweizerischen Kaufmännischen Verbandes.

Franck, Norbert (2017): So gelingt Kommunikation. Eine praktische Anleitung von A bis Z. Weinheim: Beltz.

Groß, Harald/Boden, Betty/Boden, Nikolaas (2012): Munterrichtsmethoden. 22 aktivierende Lehrmethoden für die Seminarpraxis. Berlin: Gert Schilling Verlag.

Groß, Harald (2014): Munterrichtsmethoden Band 2. 22 weitere aktivierende Lehrmethoden für die Seminarpraxis. Berlin: Gert Schilling Verlag.

Harth, Thilo (2015): Fragen in der Lehre. Werkstattbericht Band 6. Münster: Fachhochschule.

Hellermann, Klaus/ Müller, Kristina (2016): Anfang und Abschluss von Lehrveranstaltungen. In: Wissen, was zählt. Ideen für die Lehre. 2., erweiterte und überarbeitete Auflage. Bochum: Ruhr-Universität.

Straß, Uwe (2007): Hilfreiches Fragen. Praxishandbuch für hilfreiche Gespräche in Lern- und Veränderungsprozessen. Norderstedt: Books on Demand GmbH.

Autor*innen

  • Autor*innenteam des Zentrums für Wissenschaftsdidaktik, Bereich Hochschuldidaktik, Ruhr-Universität Bochum, hochschuldidaktik@rub.de